Spax und Mirko Machine
DRAGZ: Wie sieht es bei dir mit den nächsten ITF Meisterschaften aus, und bereitest du Dich darauf vor?

Mirko: Ich werde dieses Jahr nicht mehr mitmachen. 1998 war ich noch dabei, dann letztes Jahr bei der Jury. Danach ist worst Shit passiert, da hab keinen Bock mehr drauf..

DRAGZ: Dein krassestes Erlebnis hinter den Turntables?

Mirko: Das war in Zürich in der Roten Fabrik über 1000 Leute die Zugabe nach meiner Show gerufen haben. Das war FRESH!

DRAGZ: Wie sieht deine HipHop History aus?

Mirko: 1983 habe ich angefangen zu Breaken und zu Sprühen dann 1988 mit dem Deejaying angefangen zu Hause. Darauf folgten dann zwei bis drei Jahre später die DMC Meisterschaften 90 und 91. Ich legte dann noch auf verschiedenen Jams auf bis ich dann 1994 Rene und so auch Spax kennen lernte. Und seit 1996 war ich immer mit Spax unterwegs.

DRAGZ: Was macht für Dich ein guter DJ aus?

Mirko: Er sollte Musikgefühl haben, Mixen und Scratchen können, auf jeden fall tight für einen MC sein und Dope Shit spielen.

DRAGZ: Mit wem hast du schon auf Sessions aufgelegt?

Mirko: Mit Style Wars und Marius Nr. 1 .Das ist dann extrem weird shit, sechs Turntables laufen gleichzeitig, da wechseln fliegend die Beats zwischen à Cappellas und allem hin und her. Das ist geil und rockt volle Kanne!!!

DRAGZ: Spax, wie lief deine Albumproduktion ab?

Spax: Das ganze ging mit Lord Wax, der geile Beats macht. Und wir haben uns damals zusammen geschlossen, als ich nach Hannover gekommen bin. Dann haben wir zusammen das Studio eingerichtet. Ich habe dann beschlossen die Platte mit Lord Wax zu machen, denn ich hatte keinen Bock auf einen Produzenten den ich nicht kenne. Aber meine Platte selbst produzieren, produzieren im Sinne Macht zu haben und jemanden dabeizuhaben, der Bock auf die Beats hat, die ich auf meinem Album haben möchte. Denn da sind zwischen Lord und mir ziemlich viele Parallelen, jedenfalls haben wir definitiv das Album zusammen produziert. Meine Produktionstätigkeit lag darin, Tracks auszuwählen, Kontakte zu bringen, zu den Leuten zu gehen und den Feinschliff der Platte machen. Lord Wax’ Aufgabe war es, alles aufzunehmen, der Typ war da Tag und Nacht dran gesessen, um die Beats und die Samples zu sortieren, einfach alles. Das ganze dauerte etwa ein dreiviertel Jahr.

DRAGZ: Stimmt es das du lieber freestylst, als die geschriebenen und einstudierten Lyrics dem Publikum vorzurappen?

Spax: Definitiv, ja! Man muss es ja auch nicht immer in der Missionarsstellung machen. Ich freestyle lieber. Denn hier bei Rap Live Shows gibt es nicht viele Möglichkeiten, groß rum zu machen. Mein Interesse ist es den Leuten etwas zu geben, was Sie auch nur heute bekommen können. Mirko und ich haben einfach das Talent es zu machen, ich mit meinem Freestyle und Mirko setzt es DJmäßig um. Wir sagen einfach , wir haben keinen Bock , auch wenn wir das ganze Album rauf und runter Rappen könnten. Das hätte dann zwar den Vorteil das viele Leute vor der Bühne stehen und sagen "Ach geil das kenn ich, das mach ich mit." Dann kommerzialisiert man besser sein Produkt und die gehen dann los und holen sich deine Platte. Aber das alles interessiert mich einfach nicht. Die Leute sollen sich eine Platte von uns kaufen, weil sie Bock drauf haben, was dieser Typ rappt. Es geht um die Person, die Leute sollen mich sehen, sehen wie Mirko cuttet und dann wissen sie von uns beiden, dass wir Herz und Gefühl darein stecken und dass wir dabei echt sind. Das allein ist schon ein Argument bei dem ganzen anderen Scheiß, der raus kommt. Das Argument, dass es was echtes ist.

DRAGZ: Du hast in einem Interview Freestylen mit "Sex mit einer Fremden" verglichen, wieso?

Spax: Man kann es so sehen, wenn man auf eine Bühne geht, egal ob du schüchtern oder selbstbewusst bist, und du stellst dich einem großen Publikum, dann ist es etwas fremdes Unbekanntes. Wie heute zum Beispiel, ich sehe die Location und denke mir "Alter was´n hier los, bitte?" Sex mit einer Fremden kriegst du eben nur wenn sie super geil ist und Bock aufs Vögeln hat, oder wenn du sie überzeugst, dass du da eine gute Sache machst. Ich sehe es so: ich gehe auf die Bühne begegne dem Publikum. Die einen wollen uns sehen, die anderen nicht, andere kennen uns gar nicht. Ich habe natürlich lieber die Leute, die kommen um uns zu sehen. Ich freue mich, denn es ist ein Respekt. Die Leute, die uns nicht kennen, respektiere ich ja genauso. Dafür sind sie nicht schlechter, sie sind da, um uns zu sehen. Die Leute, die uns nicht sehen wollen- ist auch in Ordnung die kann ich davon überzeugen, dass es gut ist. Ich sehe es einfach so, dass ich unter einem Leistungsdruck stehe, es ist was Ungewohntes. Ich muss etwas machen, einen Fremden davon überzeugen, dass es gut ist. Und das ist ein Kick!

DRAGZ: Was für eine Bedeutung hat Hip Hop in eurem Leben und wie seid Ihr zu dieser Kultur gekommen?

Spax: Viele Leute sagen, dass HipHop ihr Leben ist. Ich denke bei einigen Leuten ist es nicht so. HipHop hat einfach Höhen und Tiefen, HipHop hat einfach Kompromisse. Wenn ich HipHop lebe muss ich mit so was rechnen wie heute. Ich muss damit leben, dass wir Gangster-Rap haben, dass wir Leute haben die sexistischen Scheiß rappen, wacken Kram und Disco Musik machen. All das ist irgendwo im HipHop drin, weil es gerade zu dieser Kultur gehört. HipHop ist für mich meine ganz persönliche Form mein Leben zu leben.Ich habe meine eigene kleine Welt, in der ich wohne. Dann gehe ich vor die Tür, sehe mir die Realität an, gehe wieder rein in meine Welt, schreibe es auf und gebe es so den Leuten wieder. So spreche ich auch für Mirko, wir machen nichts anderes mehr. Wenn nichts anderes meine Konzentration einfangen kann, dann sitze ich gleich dran mir was neues zu überlegen, was ich als nächstes rappe und als Track machen kann und Mirko steht dann einfach auf und scratcht.

DRAGZ: Wie alt warst du als alles anfing?

Spax: Das war 1988, ich war 15. Durch Freunde die nie wirklich richtige Freunde waren. Die hatten alle AC/DC gehört und in diesem AC/DC hören fand ich sie super eingeschränkt und engstirnig. Dann habe ich durch andere Freunde und Bekannte- to make a long story short- Tapes von Public Enemy, Beasty Boys und Real Roxanne bekommen und ab da hab ich gedacht: was geht denn da ab? Dann natürlich mit auf die ersten Jams, in so einer Disco hab ich dann auch Mirko kennen gelernt, das war bei den DMC Meisterschaften 1990, zwei Jahre nachdem ich mich an die Kultur angenähert hatte. Ich wollte einfach wie ein geiler Typ sein, der rappt. Das habe ich mir dann einfach vorgenommen. Ich bin durch die Gegend gefahren, hab immer mehr gemacht und dann hab ich’s gesehen. Seit dem ist es einfach unstoppable. HipHop is running through my vanes!

DRAGZ: Wie lief deine Zusammenarbeit mit Rene ab und macht ihr jetzt immer noch was zusammen mit ihm?

Spax: Ich kam damals dazu als Mirko und Rene mehr oder weniger ein Team waren. Rene war ja damals bei DMC und brauchte einen Live DJ, Mirko wurde dafür engagiert und irgendwann brauchte dann Rene einen Co-Rapper, der die Backvocals mitschreit und den Refrain mitmacht. Sie haben dann mich angerufen und ab dann war ich mit den beiden die ganze Zeit unterwegs. Im Laufe der Zeit sind die Shows auch immer besser geworden, immer tighter. Ich hab immer mehr gefreestylt. Aus irgendeinem Grund wollte Rene dann nicht mehr, denn er hatte angefangen sein Album zu produzieren. Das war Ende 1996 und Mirko und ich hatten uns gesagt, wir können keine Pause machen und wir hatten beide Bock gehabt, wie auch immer noch vom HipHop zu leben. Wir haben Bock auf die Bühne zu gehen, um sie zu rocken. Es ist einfach so " Time waits for no one" Wir machten keine Pause. Dann haben wir die ersten Shows allein gemacht, in der Schweiz zwischen Sankt Gallen und Zürich. Da haben wir mal ganz schwer den Laden gerockt. Mit 2 Turntables und einem Mikro. Ich muss sagen, damals hab ich gefreestylt wie ein junger Gott und Mirko hat Cuts gemacht hat wie ein Junger Gott. Dann war auch so klar, wir haben Bock drauf. Rene ist ja dann ausgestiegen, ich hatte sowieso meinen Plattenvertrag dann ging alles Schlag auf Schlag. Wir sind immer tighter geworden als Team, live auf der Bühne. Und immer weiter,weiter, weiter & weiter ...!!!

DRAGZ: Du sagtest "Style is State of mind" -was interpetierst du daraus?

Spax: Ja, heutzutage kann man los gehen und sich in irgendwelchen Klamottenläden HipHop Schuhe kaufen, man kriegt die Superstars in 280 verschiedenen Farben, man kann sich ne tolle Frisur machen, ein nettes Parfüm. Ich steh auch drauf, geh los und hole mir schicke Schühchen . Aber Style, so was der persönliche Style ist, das trägst du in dir und das kannst du dir nicht kaufen oder antrainieren. Style hast du oder eben nicht. Es gibt einfach überall solche Allerweltsmenschen. Mirko und ich gehen einfach raus und haben Style, manche Leute sagen so: "Scheiße ich habe meinen Style zu Hause vergessen , ich kauf mir mal eben einen!". So, die Nummer.

DRAGZ: Was ist für dich Mainstream und welche Künstler würdest du dazu zählen?

Spax: Schwierige Frage, weil es zur Zeit einfach so ist, dass sich Mainstream und Underground vermischen. Mainstream ist ja gerade das, was die Leute gerade bewegt. Wie du auch wieder heute sehen kannst: wir sind hier im Broadway (Boah-Wack!!) - ich fühle mich zurückversetzt zu den DMC Meisterschaften 1990. Damals war es auch so, HipHop kam in die Discos, es gab HipHop Meisterschaften. De La Soul und Tonelook, wie wir gesehen haben verschwand das ganze 1991 wieder. Das beste Beispiel ist Samy Deluxe, nur weil er jetzt auf allen möglichen Platten vertreten ist, ist er für mich kein Mainstream. Aber auch kein Underground, weil ihn ja jetzt jeder kennt. Underground, das sind die Leute die gerade nicht promoted sind "Underground means not promoted" sagte Cole. Das heißt aber nicht das es keinen Unterschied von der Qualität her für mich gibt.

DRAGZ: Warum hat die ältere Generation meistens ein falsches Bild vom heutigen HipHop und wie kann man das ändern?

Spax: Ich glaube einfach viele Bilder, die wir oder die Industrie aufbauen, sind für die ältere Generation nicht nachvollziehbar. HipHop ist alles, also alle Facetten spiegeln sich im HipHop wieder. Jede Fassette, Ying&Yang, Gut & Böse, alle Kulturen. Das Problem für die, die nichts damit zu tun haben ist es, dass sie Schubladen bauen, um die Leute dann darein zu stecken. Denn im Laufe der Zeit ist es einfach so geschehen, dass die Leute durch TV & Internet abgehärtet werden. Jetzt brauchst Du was, was die Leute anspricht. Mit Toleranz kannst du ihnen nicht kommen, weil du ihnen nicht aus der Seele sprichst. Die meisten Leute sind nicht auf Friede und Toleranz aus. Wir haben so viele Einflüsse um uns herum, dass es immer schwieriger wird, sich damit zu identifizieren. Also versuchst du dich, an einer Gruppe zu orientieren- da gehöre ich jetzt hin- und alles andere wird abgeriegelt. Beim HipHop ist es eine ähnliche Geschichte, du willst Aggressionen los werden, aber wie kann man das am besten? Gangster Rap Attitüden, die Leute haben keinen Mut mehr, Kommunikation wird ja auch immer schwieriger. Ich kann mich ja nicht mal mehr mit Leuten an einen Tisch setzten und sagen "Was Geht?" Die Leute werden einfach immer misstrauischer. Darum fahre ich nicht drauf ab, wenn es in Rap Liedern heißt "ich fick die..." Das spricht so aus der Seele und genau diese Kompensation von starken Emotionen, das ist es eben gerade was von HipHop nach außen gezeigt wird. Die Leute haben keinen Zugang, sie kennen diese anderen Facetten nicht.

Interview: Katharina (DRAGZ-Journalism)

Fotos: Mathias (DRAGZ-Journalism)

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